Überwinterung Teil I - Januar 2023

Tag 1: Mittwoch, 11. Januar 2023

64625 Bensheim - 67210 Meistratzheim: 213km

 

Heute ist es also endlich so weit! Ich starte meine zweite Solo-Tour nach Spanien! Nach dem ich heute Morgen zu Hause nochmal Klarschiff mache und eine Waschmaschine anstelle und aufhänge, gehe ich nochmals jeden Raum und jeden Schrank durch, um sicher zu sein, dass ich nichts vergesse. Die eine oder andere Sache fällt mir dann doch noch in die Hände und ich packe es ein. Ein ausgiebiges Bad nehme ich auch noch und theoretisch will ich auch noch ein halbes Stündchen in die Infrarotkabine - allerdings denke ich erst wieder auf dem Weg nach Frankreich daran... - Ja, so kann's gehen...

 

Um kurz von 10.00Uhr laufe ich mit den letzten Kleinigkeiten in die Trude und fahre auch gleich los, denn sie steht sooo schief, dass mir regelrecht schlecht wird, wenn ich noch länger so stehe. Ich nehme mir vor, den nächstmöglichen Parkplatz anzusteuern, spätestens auf der Autobahn. Doch es läuft natürlich auch heute nicht nach Plan. Berta, mein Navi, will mich über die A67 schicken, doch ich möchte lieber auf die A5 und setze mich selbstverständlich auch durch. Und was soll ich sagen... Ich stehe gleich im Stau, naja, eher stockender Verkehr und das alles nur, weil eine Spur gesperrt ist und die lieben Mitfahrer an diesem Morgen wohl keine Schilder lesen können oder vorausschauendes Fahren geübt haben. Nein, sie müssen bis ganz vorne hinfahren... Und so lässt sich der Stau nun mal nicht verhindern. Das Gute daran ist, dass er nur bis zur nächsten Ausfahrt reicht, danach ist freie Bahn und ich steuere meinen Parkplatz an.

 

Nach dem nun auch wirklich alles ordnungsmäßig verstaut ist, und ich mich schon das zweite Mal in zwanzig Minuten in der Trude erleichtere, kann ich beruhigt losfahren. Und soll ich Dir was gestehen: Ich bin genauso aufgeregt wie beim ersten Mal! Doch ich komme schnell wieder rein und vergreife mich nicht so oft wie beim ersten mal, wenn ich den Schaltknüppel suchen. Nach gutne 200km bin ich dann am heutigen Ziel in La Maison de la Choucroute. Hier gibt es Sauerkraut in Hülle und Fülle - mit Riesling oder Champagner eingekocht, mit Speck, usw. Außerdem noch Confit vom Sauerkraut und weitere leckere Produkte aus dem Elsass.

Die Boutique - der Laden - hat leider noch geschlossen uns so spaziere ich ein wenig in den Feldern herum... Nach dem ein junger Mann in seinem Van das 3. Mal an mir vorbei fährt, hält er doch kurz an und fragt mich, ob ich etwas suche und/oder er mir behilflich sein darf. Wie nett, oder?! Ist wohl untypisch, dass jemand ohne Hund auf Feldwegen unterwegs ist. Ich verneine und mache ihm klar, dass ich nur ein wenig spazieren gehe bis der Laden offen hat.

Der Weg zum Laden selbst ist auch wunderschön dekoriert. Hier sind wohl alle noch in Weihnachtsstimmung...

Die Menschen hier sind sehr zuvorkommend und die meisten sprechen deutsch. So auch die nette Dame im Laden. Selbstverständlich werde ich auch fündig und kaufe ein bisschen was ein. Sauerkraut kann ich leider keinen mitnehmen, da mein Kühlschrank ja nach wie vor nur richtig funktioniert, wenn er am Landstrom angeschlossen ist. Doch es gibt noch genug anderes... Meine heutige Ausbeute: Waldhonig, Senf, Willi Likörchen, Sauerkraut-Confit und eine Wegbeschreibung zur Schneckenfarm genau am anderen Ende der Stadt, bzw. Dorf. Macht aber nichts, ich möchte mich ja mehr bewegen... 

Auf dem Weg dorthin komme ich an einer Kirche vorbei, die sowohl von Außen als auch von Innen wunderschön ist und die immernoch aufgestellte Krippe fesselt mich regelrecht. Sobald ich mich ihr nähere, wird sie beleuchtet - sooo schön.

Auf meinem weiteren Weg zur Schneckenfarm überquere ich einen Bachlauf und Berta schickt mich weiter über Wald- und Wiesenwegen. Ist ja auch gar nicht nass und matschig...

Irgendwann komme ich an ein großes Haus und frage bei der Dame nach, ob ich richtig bin. Wie meistens auf französisch verstehe ich nur einen Teil und laufe ncoh ein Stückchen weiter, bis ich dann - wohl von ihrem Ehemann - wieder zurückgerufen werde, weil ich schon viel zu weit gelaufen bin... Was für ein Glück, auch dieser nette Herr spricht Deutsch. Er erklärt mir, dass man die Schneckenfarm nur von Juni bis September besuchen kann, denn dann werden die Schnecken gezüchtet. Von Oktober bis Dezember kann man sie vor Ort verköstigen und ansonsten bekommt man sie dort das restliche Jahr gefroren zu kaufen. Da mein Kühlschrank und somit meine Tiefkühltruhe, wie schon gesagt, nur mit Landstrom funktionieren, muss ich darauf verzichten... Weiß auch gar nicht, ob ich sie wirklich gegessen hätte...

Danach begebe ich mich über einen normalen Weg wieder in Richtung Trude. Der ist zwar etwas länger, doch das macht nicht - ich hab ja Zeit und jeder Schritt zählt.

In diesem Ort gibt's so tolle bunte Häuser. Das tut mir bei diesem tristen und grauen Wetter richtig gut. Generell gibt es hier so einiges Interessantes zu bestaunen... Auf dem Weg zurück bekomme ich noch ganz frische Eier. Und rate mal, auch diese Dame spricht deutsch!

Jetzt sitze ich gemütlich in der Trude, lasse alles Revue passieren, schreibe meinen ersten Reisebericht für dieses Jahr und genieße diesen Ausblick...

Danach gibt's noch ein wenig kalte Küche zum Abendessen und ab in die Heia. Das Fahren und Laufen macht doch irgendwie müde... Hoffe, ich kann hier gut schlafen und der Wind schaukelt mich nicht zu sehr hin und her.

Tag 2: Donnerstag, 12. Januar 2023

67210 Meistratzheim - 39110 Lemuy: 293km

 

Die letzte Nacht war noch nicht so entspannt, wie ich es gerne hätte. Zu viele Gedanken kreisen mir noch im Kopf herum und auch scheine ich eine Art Eingewöhnungszeit für die Trude zu brauchen... Immerhin waren wir drei Wochen voneinander getrennt. Doch das ändert sich ganz schnell wieder und dann möchte ich sie am liebsten nie wieder verlassen - wie auch beim letzten Mal schon.

 

Heute Morgen fahre ich nach dem Aufstehen gleich los - immerhin ist es schon 08.30Uhr und wir wollen ja ein paar Kilometer zusammen bekommen. Leider fahre ich nach kurzer Zeit in einenr echt großen Stau und verschenke gleich mal eine gute halbe Stunde Reisezeit. Irgendwie verfolgt mich das Thema Stau. Gestern ein kleiner, heute ein großer... Morgen brauch ich dann bitte keinen mehr! Habe genug davon! Noch dazu hält mein Fibro-Schub leider immer noch an und da fällt mir das Fahren sowieso schon schwer genug.

 

Ich weiß nicht, wie es bei Dir ist, doch bei Stau fahre ich gerne auf der rechten Spur - egal in welchem Auto. Das fühlt sich für mich irgendwie besser an, falls ich dann selbst irgendwie in Schwierigkeiten kommen sollte. Ich stehe also zwischen unzähligen LKWs in der Reihe. Und was macht man so, wenn man im Stau steht und sich zu Tode langweilt? Genau, man fängt an Blödzeug zu machen, wie z.B. die LKWs zählen, die einen dann doch noch auf der linken Spur überholen. Okay, es war nur einer... Dazu kamen noch zwei Busse und drei Wohnmobile. Ansonsten waren es nur Autos. Und da eben nicht so viel los ist mit dem Zählen, habe ich versucht aus den Buchstaben der Nummernschilder irgendwelche Wörter oder Sätze zu bilden. übrigens auch nicht schlecht als Idee, wenn Kinder im Schulalter mitfahren... Zwischendurch muss ich dann wieder mal über mich selbst lachen, weil so doofes zeug dabei rauskommt. Sogar ein paar deutsche Nummernschilder waren dabei!

 

Berta schickt mich nach dem Stau wieder über die abenteuerlichsten Routen, bei denen uns nur ein einziges WoMo entgegenkommt, bis zu unserem heutigen Ziel La Ferme de Rotsy - einer Ziegenfarm. Käse gibt es dieses Mal leider nur sehr wenig und der ist auch schon ein paar Monate alt, denn die lieben Ziegen bekommen Nachwuchs und brauchen daher ihre Milch selbst. Ein kleines Stückchen ergattere ich dann doch noch und bin schon sehr gespannt, wie er schmecken wird.

 

Unterwegs bin ich immer heilfroh, wenn mir zwischendurch ein LKW entgegenkommt oder vor mir fährt, denn dann weiß ich, dass die Strecke ja nicht ganz so schlimm und eng sein kann. Wobei das manchmal auch echt täuscht, denn heute muss ich an einer Stelle auf Null runterbremsen und denke noch, der LKW nimmt mich jetzt bestimmt mit - wieder ein Stück zurück! Uff, das ist wirklich knapp! Fahre sogar fast in den Graben, was bestimmt nicht wirklich gesund für meine Reifen ist. Arme Trude! Die Straße ist an den Seiten wie von großen Mäusezähnchen abgeknabbert - ist echt nicht schön zu fahren diese Straße. Gott sei Dank ist sie nur ein paar Kilometer lang und danach wird es besser.

 

Kurz vor Lemuy entdecke ich eine Tankstelle und einen Supermarkt, was auch gut ist, denn heute oder spätestens Morgenfrüh muss ich tanken. Jetzt ist es erledigt. Prima! Ein Stressfaktor weniger. Der Preis für Diesel liegt hier an diesem Tankstellen-Automat im Moment bei 1,869€/L. Im Supermarkt besorge ich mir ein bisschen Obst, Gemüse und Bacon. Ich habe nämlich großes Verlangen auf einen Bohnensalat und da ich die Bohnen nur im 1kg-TK-Beutel bekommen habe, wird es wohl die nächsten Tage Bohnensalat geben...

Ansonsten gibt's hier nicht wirklich großartig etwas zu sehen. Die Kirche ist leider geschlossen und sonst gibt's hier einfach nichts. Noch dazu ist es bei 6°C für mich echt kalt und sehr, sehr windig. Keine Menschenseele sieht man auf der Straße. Die sitzen bestimmt alle im Warmen. Hoffe, ich werde nachher nicht wieder in den Schlaf geschaukelt. Es sind Windböen mit bis zu 43km/h gemeldet. Brauche ich nicht wirklich...

Mit meinen Französischkenntnissen komme ich im Moment irgendwie auch nicht wirklich weiter. Gestern hat jeder mit mir auf deutsch gesprochen und heute auf englisch... Ts, ts, ts... Wie soll ich da nur üben... Gut, dass ich noch ein paar Tage hier in Frankreich habe - zumindest für die Sprache. Für mein Gas - bzw. Heizung, Herd, Kühlschrank, etc. - nicht so gut, da ich nur eine volle deutsche Gasflasche und eine Spanische dabei habe - die ist allerdings leer! Ich darf, muss, kann also mit einer Flasche vorlieb nehmen und hoffen und beten, dass es bis zur spanischen Grenze reicht. Sonst sitze ich irgendwann wieder ohne Heizung und vor allem ohne Kaffee da. Unvorstellbar! Der Kühlschrank geht ja sowieso nur, wenn er will...

 

Jetzt sitze ich schon eine Weile in der Trude, habe mit meinen Eltern und meiner Schwester telefoniert und ärgere mich ein wenig über den miserablen Internet-Empfang. Mit viel Geduld wechsel ich die ganze Zeit zwischen Internet-Stick und Handy um irgendwie meinen Bericht und die Fotos online zu bekommen. DAS zerrt ganz schön an meinen Nerven und an meiner Geduld. Ahhh!! Aber so ein mobiler Router, mit dem ich schon liebäugele kostet ganz schön viel... Und so artig war ich wohl doch nicht, dass mir das Christkind so etwas schenkt... Und überhaupt, Weihnachten ist ja auch schon längst wieder vorbei... Aber mein Geburtstag kommt bald! Nur falls jemand ganz zufällig hier mitliest und mir ein Geschenk machen möchte...

Tag 3: Freitag, 13. Januar 2023

39110 Lemuy - 38780 Septème: 225km

 

Wie heißt es so schön... Alle guten Dinge sind drei! Sind auch alle schlechten Dinge, drei? Ich habe heute Nacht nämlich nicht nur ein Gedanken-Karussell de Luxe - wobei das schon mehr ein Riesenrad oder sogar eine Achterbahn gewesen ist - gehabt, sondern auch die Straße nebenann, die man leider doch sehr arg hört und noch dazu einige Beschützer die zwischendurch ganz schön laut bellen. Ach ja, und regnen tut es heute Nacht auch öfters mal...

 

Um 20.30Uhr gehe ich ins Bett, was an für sich nichts Außergewöhnliches für mich ist, wenn ich im Winter in der Trude unterwegs bin. Um 23.30Uhr habe ich allerdings das Gefühl, dass die Nacht schon rum ist. Ich verzweifle sooo sehr im Bett, dass ich um Mitternacht aufstehe und mich an den Rechner setze. So kann ich einiges aus meinem Gedanken-Karussell fürs erste streichen. Immerhin etwas produktives und positives. Um 01.30Uhr husche ich dann letztendlich wieder ins Bett und schlafe noch ein bisschen - zwar nicht ganz so gut und mit ganz oft wach werden, doch immerhin.

 

Pünktlich um 08.30Uhr fahre ich wieder los, leider ohne mich zu verabschieden, denn es regnet dermaßen in Strömen und noch dazu ist niemand auf Anhieb zu sehen. Sie mögen es mir verzeihen - ist normalerweise nicht meine Art... So sieht es übrigens morgens auf dem Armaturenbrett aus, bevor ich losfahre. Das ist sozusagen mein Frühstück to go...

 

Die Nacht war so schlimm, und noch dazu ist gestern zwei Mal die Heizung ohne ersichtlichen Grund ausgefallen, dass ich kurz am Zweifeln war, ob ich nicht doch alles abbreche und nach Hause fahre. Kurz bevor ich einschlafe, beschließe ich, dass wenn die Heizung über Nacht wieder ausfällt, ich nach Hause fahre, und wenn sie morgens noch immer funktioniert, ich weiterfahre. Und nun ja, was soll ich sagen, sie ist bestens gelaufen und somit geht meine Tour weiter bis auf den Esel-Hof in Septème.

 

Dieses Mal ganz ohne Autobahn und wie immer voller Abenteuer. Berta will mich in eine ganz enge Straße einbiegen lassen, bei der ich wohlmöglich noch nicht einmal ohne Trude reinpasse... Nein, nein, diese Abkürzung nehmen wir nicht und fahren schön brav außen herum, bzw. mitten durch die City. Um auf den Esel-Hof zu kommen muss ich irgendwann in den Wald einbiegen und dem Weg folgen. Es ist teilweise so eng und steil, dass ich im ersten Gang fahren muss. Ich hoffe, ich komme Morgenfrüh hier auch wieder raus... Etwas mulmig ist mir schon dabei, doch dieses Gefühl verschwindet ganz schnell, sobald ich oben auf der Lichtung ankomme. Hier befindet sich nämlich der Esel-Hof und bietet einen wunderschönen Ausblick. Kurzweilig kommt sogar die Sonne raus und lacht mich an, so dass ich nur mit der Wolljacke bekleidet zu den Eseln laufe. Sind sie nicht süß!?

Mit Honig decke ich mich heute hier auch gleich nochmal ein. Allerdings falle ich bei dem Preis beinahe vom Hocker. Hoffe, er schmeckt auch wirklich so gut. Eier haben sie im Moment keine da, sonst hätte ich auch davon noch welche mitgenommen.

 

Um auf meinen Stellplatz zu gelangen, muss ich eine Schranke passieren und befinde mich Mitten drin im Geschehen, wie ich später noch feststellen werde. Putschi begrüßt mich auch ganz aufgeregt. Der ist ja sooo süß. So einen Wonneproppen könnte ich mir auch für mich vorstellen. Hätte er Welpen, würde ich sofort einen einpacken... Mindestens...

 

Kaum bin ich wieder in der Trude fängt es auch wieder an zu Regnen. Doch Gott sei Dank nur kurz. Diese Zeit nutze ich schon mal aus, um mein Abendessen rauszuholen und mit meiner Freundin Monika zu telefonieren. Danach widme ich mich meinem Reisebericht und werde eifrig von ein paar Eseln gerufen, die genau hinter meiner Trude stehen. Natürlich muss ich da gleich raus und da der Besitzer es erlaubt hat, streichle ich sie auch ein wenig. Sie wollen eigentlich trockenes Brot von mir, doch leider habe ich keins... Es gibt nur Streicheleinheiten, doch die in rauen Mengen...

Ansonsten steht heute nichts großes mehr an. Vielleicht nochmal mit meinem Lieblingsmensch telefonieren, da wir uns gestern verpasst haben, evtl. noch mal kreativ werden oder lesen oder schlafen oder Löcher in die Luft gucken oder, oder, oder... Keine Ahnung! Das lass ich jetzt einfach mal auf mich zukommen. Morgen wissen wir mehr... Denn auf eine Wanderung habe ich jetzt keine Lust und was anderes ist hier nicht wirklich möglich.

Tag 4: Samstag, 14. Januar 2023

38780 Septème - 84230 Chateauneuf-du-Pape: 227km

 

Ich habe endlich mal geschlafen! Zumindest besser als die Nächte davor. Zwischendurch hatte ich zwar noch ein bisschen Musik in Form von I-A und Wuff-Wuff, und auch die Heizung ist mal wieder auf Störung gegangen, doch trotz allem bin ich heute Morgen recht erholt aufgewacht - und das hat schon was zu heißen! Hatte ich jetzt ewig nicht mehr! So um die vier Wochen nicht mehr, wenn ich ehrlich bin. Es wird also von Tag zu Tag, oder besser gesagt, von Nacht zu Nacht, wieder besser.

 

Gestern habe ich übrigens in der Tat zum einen Löcher in die Luft geguckt und zum anderen das Buch von Andrea Schilling: Nicht ohne meinen Föhn - Pilgern ist der bessere Weg, fertig gelesen. Ich kann es Dir wärmstens empfehlen. Ich habe mit Andrea gelacht und geweint und viele Parallelen zwischen uns entdeckt und das beste daran ist, dass ich sie durch einen grandiosen Zufall - nein, sorry, Zufälle gibt es nicht! - durch einen ganz besonderen Herzensmenschen, meiner Herz-Schwester, bald persönlich kennen lernen darf! Hammer! Ich freu mich schon sooo sehr und bin ganz aufgeregt!

 

Heute Morgen fahre ich also gegen 08.45Uhr los, nachdem ich mich bei meinen Gastgebern und den ganzen Tierchen verabschiedet habe. Es verschlägt mich nach Chateauneuf-du-Pape auf das Weingut Domaines Mousset. Berta, mein Nav, ärgert mich auch heute ein wenig. Erst geht es durch die Berge, jawohl, nicht etwa außen herum, nein, durch die Berge - im dritten Gang, weil ich sonst einfach nicht hochkomme, und mit überaus interessanten Serpentinen, und zum Abschluss dann noch durch das malerische Dörfchen mit den engsten Gassen der Welt, um später bei einem Spaziergang festzustellen, dass es eine breitere Straße gegeben hätte. Allerdings will Berta - wie immer - Zeit gut machen, die ich beim Einkaufen oder bei den unzähligen Pippi-Stopps verplämpere. So also auch heute...

 

Wirklich groß einkaufen tu ich dann doch nicht, denn ich hab auf nichts großartig Appetit und noch dazu ist das Fleisch und der Fisch hier ganz schön teuer und überhaupt, Essen wird doch überbewertet, oder... Wobei, Essen und Trinken sind die drei schönsten Dinge des Lebens... - sagt zumindest mein Lieblingsmensch, wobei der Spruch eigentlich von Willy Millowitsch ist. Mit leerem Magen einkaufen gehen ist blöd, weil man dann zu viel einkauft. Mit vollem Magen einkaufen gehen ist gleich doppelt so blöd, weil man dann einfach gar nichts einkauft... Letztendlich landen doch noch ein paar Kartoffeln, Ziegenfrischkäse, Salamisticks und Himbeeren im Einkaufswagen. Was für eine Ausbeute...

 

Ich habe gerade auf dem Schild gelesen, dass es auf dem Weingut möglich ist, zwischen 10.00Uhr und 17.30Uhr an einer kostenlosen Weinprobe teilzunehmen. Da ich mich am Nachmittag zum videofonieren - ich liebe dieses Wort - verabredet habe, bleibt mir einfach nichts anderes übrig, als schon um 14.00Uhr an der Weinprobe teilzunehmen. Ich armes Ding aber auch! So früh schon Alkohol... Wie gut - oder wie schade -, dass man nur drei Sorten probieren darf. Vorher gehe ich allerdings noch eine kleine Runde spazieren und entdecke die oben schon erwähnte andere Strecke.

Bei der Weinprobe sind heute meine Englischkenntnisse gefragt und ich bin hellauf begeistert, wie gut ich klar komme. Ich verstehe so gut wie alles, was mir die nette Dame erzählt und kann mich faaassstttt fließend  - naja, so ein klein wenig zumindest - mit ihr unterhalten. Der erste Rotwein ist mir viel zu stark - auch beim zweiten Schluck, denn die Dame teilt mir mit, dass man immer mindestens 2x probieren sollte, da sich der Geschmack erst beim zweiten oder gar dritten Mal entfaltet. Den Rest muss ich leider wegkippen. Der zweite Rotwein ist zwar schon etwas besser, doch auch nicht wirklich meins. Der 3. Versuch trifft genau ins Schwarze, ist jedoch kein Rotwein, sondern ein Muscat de Beaumes de Venise Jahrgang 1008. Wow, ist der lecker! Da kann ich gar nicht anders als mir ein Fläschchen davon mitzunehmen! Man gönnt sich ja sonst nichts... Und auch ein Gläschen Honig - wie könnte es anders sein - landet auch in meiner Tasche. Dieses Mal ein Lavendel-Honig. Bin gespannt wie er schmecken wird. Die Dame sagte, er hätte alle guten Eigenschaften vom Lavendel, würde allerdings nicht nach Lavendel schmecken. Ich unterhalte mich noch ein Weilchen mit der netten Dame auf englisch und schieße noch ein paar Fotos von dem Stübchen und dann geht's auch schon wieder an die Trude. Heute ist mir nämlich ein wenig nach Schreiben und neuen Aktionen planen zu mute, die ich mir gleich in mein Kalender eintrage und das videofonieren wartet ja auch noch auf mich.

Wie gut, dass ich vorher schon die Weinprobe gemacht habe, denn sonst wäre ich heute wohl nicht mehr dazu gekommen. Die Gespräche mit meinem Schwester-Herz - beste Freundin und leibliche Schwester - und meiner Herz-Schwester - beste Freundin, die manchmal vom Äußeren her als meine Zwillingsschwester durchgehen könnte - tun mir richtig gut. Ich kann mein Herz ausschütten und mir wird geholfen. Das tut sooo gut! Danke, dass ihr für mich da seid! Knutsch!

 

Auch mit unserem Jüngsten und mit meinen Eltern habe ich heute videofoniert und es ist immer wieder schön sie nicht nur zu hören, sondern dabei auch zu sehen. Und heute Abend ist dann noch mein Lieblingsmensch dran. Ansonsten vergeht die Zeit einfach wie im Fluge. Es ist gleich Zeit um eine Kleinigkeit zu Essen - wahrscheinlich wieder Bohnensalat, denn es ist immer noch etwas davon da... - alles aufzuräumen, zu videofonieren, mir die Wärmflaschen zu richten und ins Bett zu gehen, denn Morgenfrüh geht die Fahrt ja dann weiter. Mal sehen, wo mich Berta dann entlang schickt. Ich sag nur, Abenteuer und Nervenkitzel pur!!

Tag 5: Sonntag, 15. Januar 2023

84230 Chateauneuf-du-Pape - 34140 Meze: 171km

 

Pünktlich um 20.30Uhr bin ich gestern ins Bett und um 21.30Uhr bin ich schon wieder aufgestanden, weil ich einfach nicht schlafen konnte... Habe mich dann nochmal an den Rechner gesetzt und ein wenig recherchiert, ob ich ein paar Tanzgelegenheiten auf meiner Route finde. Zwei Stück habe ich sogar schon angeschrieben. Bin gespannt, ob sie antworten. Einmal für Line Dance und einmal für Sevillanas, der kleinen Schwester des Flamencos. Drück mir die Daumen, dass das klappt! Ich hätte echt Lust darauf! Ach, und wenn Du jemanden kennst, der jemanden kennt, der Tanzen anbietet, etc. - oder von einer Tanzveranstaltung an der gesamten Küste entlang weißt, dann sag mir gerne Bescheid! Vielleicht passt es ja gerade irgendwie... Merci beaucoup!

 

Um 22.30Uhr habe ich den zweiten Schlafversuch gestartet und habe tatsächlich fast die ganze Nacht durchgeschlafen. Nur einmal bin ich heute Nacht aufgestanden um nach der Heizung zu schauen, doch es war alles okay. Um 08.15Uhr fahre ich schon los, da ich zum einen sehr zeitig wach bin und zum anderen an meinem heutigen Ziel überpünktlich sein möchte. Warum erfährst Du gleich...

 

Berta, mein Navi, schickt mich heute über wirklich schöne Gegenden! Heute wird sie in der Tat von mir gelobt! Ich fahre fast die ganze Zeit am Fluss entlang und später habe ich sogar recht UND links von mir Wasser. Auf der einen Seite das Meer und auf der anderen Seite den Étang de Mauguio ou de l'Or. Hier entdecke ich sogar Flamingos und Wildpferde. So schön anzuschauen. Schade nur, dass ich hier nicht einfach mal halten und sie fotografieren kann. Die Trude ist für solche Aktionen leider zu groß... Manchmal würde ich mir auch eine Kamera wünschen, die Bilder macht, sobald ich mit den Augen fest zwinkere... Das wäre sooo einfach. Es gibt auf der Reise sooo viele schöne Sachen, die ich zwar sehen, jedoch nicht fotografieren kann. Ein Kreisel, z.B., wird von einem kleinen Schloss geschmückt und beim nächsten kommen Mikado-Stäbe aus dem Boden...

 

Kurz vor Ankunft in Meze finde ich auch noch eine Tankstelle und tanke gleich mal wieder voll. Ich warte nämlich nicht bis der Tank ganz leer ist, sondern sobald nur noch Viertelvoll ist, tanke ich. Sicher ist sicher. Das macht mir weniger Stress... Zur Not hätte ich zwar auch noch ein paar Liter hinten drin, im Reserve-Kanister, doch ich muss es ja nicht provozieren. Den Tankdeckel bekomme ich übrigens die letzte Male jetzt doch ganz alleine und ohne Probleme auf.

 

Hier in Meze stehe ich jetzt auf der Austern- und Muschelfarm La Noisette d'Oc und ich gestehe, ich war hier schon einmal mit meinem Lieblingsmensch. Gott sei Dank wusste ich noch ungefär wo sie ist, denn Berta wollte mich ganz woanders hinschicken und hat sich mehrmals aufgehängt. Ich finde dann den Weg auf gut Glück ganz alleine hier her und bin mega stolz auf mich. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es und decke mich gleich mal mit 2kg Miesmuscheln ein. Austern esse ich nämlich nicht. Hab's schon zwei Mal versucht und mich beide Male fast übergeben müssen. Geht einfach nicht an mich. Aber Muscheln schon! Die warten jetzt im Kühlschrank auf die Weiterverarbeitung heute Abend. Jetzt gehe ich ein wenig die Gegend erkunden. Diese Ecke hier kenne ich schon von meinem letzten Besuch..

Und diese Ecke ist neu für mich. Allerdings nicht halb so schön wie ich dachte. Es ist alles wie ausgestorben, nur die Möwen kreischen um die Wette und es riecht überall sehr, sehr, sehr intensiv nach Muscheln. Teilweise schon fast unerträglich. Daher laufe ich auch schon bald wieder an die Trude und mach mir einen schönen Nachmittag in der Trude, in der ich vom Wind unerbitterlich hin- und hergeschaukelt werde.

Mittlerweile hat sich ein weiterer Camper zu mir gesellt. Doch es ist sooo windig, dass keiner von uns Beiden Lust hat nochmal vor die Tür zu gehen. Einmal rüber winken muss reichen... Ich schreibe an meinem Reisebericht und er scheint TV zu gucken.

 

Heute habe ich irgendwie Lust zu Lachen und zu Tanzen. Also schau ich mir abertausende Witze auf Spanisch an, vor allem vom Comandante Lara und Joaquín, und muss aufpassen, dass ich vor Lachen nicht in die Hosen mach!. Das ist für mich besser als jede Lach-Yoga-Stunde. Und dann lass ich mal zur Abwechslung die Trude wackeln und mache dem Wind Konkurrenz. Nach dem ich mcih jetzt in jeder Hinsicht ausgetobt habe, lasse ich es mir bei einem leckeren Abendessen gut gehen... Einmal Muscheln natur und einmal a la marinera mit Paprika, Zwiebeln und einem leichten Essig-Öl-Dressing. Eigentlich gehört noch Tomate dazu, doch ich habe keine da... Muss ich halt improvisieren und es schmeckt auch so hervorragend. Doch beim nächsten Mal reicht definitiv die Hälfte. Ich kann keine Muscheln mehr sehen...

Theoretisch ist das jetzt die erstmal letzte Nacht in Frankreich. Werde gleich noch ein bisschen videofonieren und dann hoffe ich, dass der Wind mich nachher ganz sanft und sachte in den Schlaf schaukelt...

Druckversion | Sitemap
(C) Copyright 2015-2024 Susana Stier | www.susana-stier.de | smile(at)susana-stier.de | +49 176 70045511 Impressum & Datenschutz

Anrufen

E-Mail